Dienstag, 8. Januar 2008

Die Ries-Gruppe und die Neckar-Gruppe (etwa 2300-1800 v. Chr.)

Leseprobe aus dem Taschenbuch "Deutschland in der Frühbronzezeit" von Ernst Probst:

Im Nördlinger Ries und im oberen Altmühltal bei Treuchtlingen existierte von etwa 2300 bis 1800 v. Chr. die Ries-Gruppe. Sie unterschied sich vor allem durch ihre Grab- und Bestattungssitten von der in Südbayern heimischen Straubinger Kultur. Den Begriff Ries-Gruppe hat 1978 der an der Ludwig-Maximilians-Universität in München lehrende Prähistoriker Walter Ruckdeschel eingeführt.
Auch die Menschen der Ries-Gruppe sind aus den jungsteinzeitlichen Glockenbecher-Leuten hervorgegangen. Das beweisen die Schädel der Toten aus den Gräbern von Nähermemmingen bei Nördlingen (Kreis Donau-Ries). Die Skelettreste von Nähermemmingen wurden durch den damals in München arbeitenden Anthropologen Emil Breitinger, der später als Professor in Wien wirkte, untersucht. Breitinger ermittelte bei sieben Männern eine Körperhöhe zwischen 1,60 und 1,75 Metern sowie bei sechs Frauen eine Körperhöhe zwischen 1,52 und 1,59 Metern.
Die etwa 30 bis 40 Jahre alte Frau aus dem Grab 23 von Nähermemmingen hatte zu Lebzeiten einen Kieferbruch erlitten. Offenbar stellte ihr ein Medizinmann die nach dem Unfall stärker verschobenen Fragmente des Unterkiefers richtig und sorgte durch äußere Verbände oder Schienen für den Halt in normaler Stellung. Dank dieser Fürsorge ist der Unterkiefer gut verheilt.
Weniger glücklich verlief die Behandlung einer 1,65 Meter großen Frau aus Lauingen (Kreis Dillingen), deren Schädel durch einen Schlag schwer verletzt wurde. Es wurde zwar versucht, die Verletzungsränder des Lochbruchs zu glätten, doch die Betroffene hat diesen Eingriff nicht überlebt. An einem Mann aus dem Grab 16 von Nähermemmingen war eine Schädeloperation (Trepanation) vorgenommen worden.
Die Frauen im Ries und im oberen Altmühltal bevorzugten bezüglich der Kleidung eine etwas andere Mode als ihre gleichzeitigen Straubinger Geschlechtsgenossinnen. Sie trugen im Gegensatz zu letzteren keine Hauben mit reichem Kupferschmuck auf dem Kopf. Das läßt sich an den Funden aus den Gräbern ablesen ...

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